Endlich habe ich wieder Bildmaterial für die Beiträge zum Babyschwimmen. Wir wurden nämlich von einem guten Freund begleitet, der so lieb war, Fotos zu schießen.
Und heute war wieder Mimi, die ihr bereits aus den vorherigen Beiträgen kennt, dabei. Für diejenigen, die sie noch nicht kennen: Mimi mag so gut wie keine Übung im Wasser und zeigt beinahe den ganzen Kurs über ihr Schippchen und weint. Oli ist sehr empathisch, was sie angeht.
Wie die heutige Kursstunde verlief, erzähle ich euch im Folgenden.
Babyschwimmen – 5. Tag
Da waren wir bereits im schön warmen Wasser, die Schwimmflügel waren angelegt und aufgepustet, und allmählich kamen die übrigen Verdächtigen hinzu. Wobei mir auffiel, dass wieder ein paar Leute fehlten. Aber an einer kleinen Runde ist natürlich nichts auszusetzen. Es ist mitunter auch ganz angenehm, weil nicht so ein Trubel herrscht.
Während wir also darauf warten, dass alle da sind, höre ich die ganze Zeit ein Geräusch. Ich kann es erst nicht zuordnen und blicke mich um. Und dann sehe ich, dass Oli`s Schwimmflügel kaputt ist. Er hat ein winzig kleines Loch, aus dem die ganze Zeit über Luft entwich. Also schnell Bescheid gesagt, damit der Schwimmflügel entsorgt werden kann.
Ich bin gerade auf dem Weg zu den Schwimmflügeln, die noch am Beckenrand übrig geblieben sind, da höre ich sie schon: Mimi.
Mimi kennt ihr vielleicht schon aus dem einen oder anderen Beitrag von mir zum Babyschwimmen. Jedenfalls ist Mimi eine wirklich zuckersüße, kleine Maus. Nur leider kapiert keiner, und macht sich schlimmstenfalls noch darüber lustig oder reagiert gar verärgert, wenn sie die Übungen nicht mag und dies offen zeigt. Eigentlich ist es ja gut, wenn ein Baby, das noch nicht sprechen kann, sich so verständlich macht, dass es etwas nicht leiden kann oder Angst hat. Dann kann man darauf reagieren und ihr helfen.
So aber nicht bei Mimi, denn obwohl Mimi weint und ihr – von den Kursleiterinnen immer als „süß“ bezeichnetes – Schippchen macht, wird einfach nicht reagiert und wie bisher fortgefahren. Und in der 3. Kursstunde begann Oli aus vollem Herzen zu weinen, weil er mit Mimi so mitfühlte. Es nahm ihn einfach mit, dass sie so traurig war und er nichts tun konnte und diejenigen, die hätten Linderung verschaffen können, nichts taten.
Als Mimi also zu weinen begann, stieg auch Oli gleich mit ein. Er weinte nicht gleich, aber plötzlich hatte er keine Lust mehr auf die Schwimmflügel und wollte sie ausziehen. Er zog eine Schippe und war auf einmal furchtbar traurig. Die Kursleiterinnen begriffen sofort, dass es wegen Mimi war und versuchten noch, Oli zu beruhigen, aber es half nichts. Wir ließen die Schwimmflügel dann komplett weg, und versuchten, mit dem Singkreis zu starten; vielleicht würde es die Kinder beruhigen.
Der Singkreis
Die Kursstunde begann mit dem allseits bekannten Singkreis. Ohne Schwimmflügel war es diesmal zwar nicht so leicht, die Übungen mitzumachen, aber es war einigermaßen machbar.
Wir durchquerten wieder Spritzstadt, Planschdorf, Strampeldorf und Hüpfstadt mit unserem Wasserzug. Am Ende wurden alle Kinder beim Namen genannt, während sie aus dem Wasser in die Luft gehoben wurden. An dieser Übung hatte sich nichts verändert.
Oli taute langsam wieder auf, beobachtete Mimi aber die ganze Zeit über ganz genau. Er konzentrierte sich gar nicht auf die Übungen – sie waren ihm egal.
Feuer, Hochwasser, Sturm
Ein neues Spiel hatten sich die Kursleiterinnen wieder ausgedacht: Feuer, Hochwasser, Sturm.
Die Spielregeln waren einfach: Wir hüpften durchs Wasser und mussten bei den jeweiligen Worten entsprechend reagieren.
Bei „Feuer“ wurden die Kinder mit einer Gießkanne „gelöscht“, d.h. ihnen wurde ein wenig Wasser über den Kopf gegossen. Dass das Mimi nicht gefiel, muss ich nicht erwähnen oder?
Bei „Hochwasser“ mussten die Kinder aus dem Wasser gehoben und bei „Sturm“ zum Beckenrand getragen und dort in Sicherheit gebracht werden.
Anschließend sollten die Kinder bäuchlings auf Schwimmbrettern durchs Wasser gezogen werden. Bei meinem Kleinen, der sich wie ein Äffchen an mich klammerte, hatte ich keine Chance. Die Kursleiterin reagierte darauf mit Spontaneität und gab mir dann immer individuelle Anweisungen, wie ich Oli halten konnte. Das fand ich Klasse!
Ab und zu klinkte ich mich aus den Übungen aus. Oli war einfach nicht für die Übungen offen. Er wollte lieber mit den Bechern und Quietscheentchen, die am Beckenrand für die nächsten Übungen bereit lagen, spielen. Und als das Spiel mit den Schwimmbrettern beendet war, kamen wir endlich zum Spielzeug.
Übungen mit Spielzeug
Als Erstes kamen die Quietscheentchen zum Einsatz: Die Kinder durften sich eins aussuchen und sollten ihnen wieder im Wasser hinterher strampeln.
Aber auch hier machte Oli keine Anstalten mitzumachen. Eine Kursleiterin (nennen wir sie mal Tanja) wollte helfen und das Entchen unweit von uns entfernt ins Wasser schmeißen, aber Oli reagierte nur mit traurigem Blick, weil ihm sein Spielzeug weggenommen wurde. Tanja entschuldigte sich dann bei uns und gab das Entchen zurück. Traurig machen wollte sie ihn nicht auch noch. Er blickte immerzu nach Mimi, die weiterhin ihr Leid klagte.
Den Eindruck, dass alle Kinder es schrecklich fanden, will ich nicht vermitteln. Es gab ja auch noch andere Kinder im Wasser. Und die amüsierten sich prächtig. Ein kleiner Junge, nennen wir ihn Henrik, ist eine richtige Wasserratte. Er liebt das Wasser, er liebt die Übungen, es stört ihn nicht, wenn er vollgespritzt wird, er strampelt und lacht und ist vergnügt. Seinem Papa macht es auch unheimlich viel Spaß und er übte ab und zu mal, den Kleinen ins Wasser plumpsen zu lassen. Henrik fand das absolut genial. Irgendwann hatte aber auch er genug vom Tauchen und sein Vater hörte auf damit. Wenn das mal alle so handhaben würden… Diesen Satz konnte ich mir gerade nicht verkneifen. Verzeiht.
Die Übungen mit dem Becher waren dagegen eine Erheiterung für Oli. Für Mimi zwar nicht, aber auch der Rest der Kinder hatte Spaß an den Übungen.
Damit Oli mit seinem Becher spielen konnte, wie er wollte, bekam ich noch einen von Tanja, damit ich auch mitspielen durfte.
Zum Einsatz kam der Becher, indem wir ihn im Wasser stampften, um die Kinder herum Wasser ausgossen und mit propellerartigen Bewegungen ausschütteten. Dabei wurde jeder ziemlich nassgespritzt. Tanja meinte, solange es den Kinder gefiel, könne man die Spritzübungen auch steigern, was man auch gleich in die Tat umsetzte. Es war schön.
Abschied
Das Abschiedslied, das ich in der letzten Kursstunde so vermisst hatte, wurde endlich wieder gesungen! „Alle Kinder, alle Kinder, geh’n jetzt nach Haus’…“
Ich finde das Lied so schön! Es hat richtigen Ohrwurmcharakter! Auch wenn man schon längst draußen ist, summt man es noch leise vor sich her. Und der Text ist so schön einfach. Man kann ihn sich gut einprägen.
Beim Abschiedslied machte Oli noch mit, aber dann fing er wieder ganz doll zu weinen an und ich stieg mit ihm aus dem Wasser. Die Kursstunde war eh gerade zu Ende gegangen, also warum sollte ich es noch hinauszögern und den Abschiedskreis mitmachen? Es war zwar ein bisschen schade, aber was soll’s.
Rasch duschten wir uns ab und ich mummelte den kleinen Spatz in sein großes, warmes Badetuch ein. Aber das fand er total blöd und riss es sich gleich vom Leib. Er hatte jetzt genug und wollte seine Ruhe.
Zum Schluss dieser Stunde war ich einfach nur sauer. Nicht auf Oli , nicht auf die Kinder oder die Kursleiter oder die Eltern – zumindest nicht auf alle. Ist das übertrieben, so zu reagieren? Es macht einfach keinen Spaß, wenn die ganze Zeit über ein kleines, hilfloses Mädchen weint und sich das noch dazu auf meinen Sohn überträgt. Er hat dann keine Lust mehr auf die Übungen, kuschelt sich die ganze Zeit an mich und wir können keine einzige Übung mitmachen. Das ist enttäuschend, ganz ehrlich.
Ich überlege deshalb, ob ich die Fortsetzung des Babyschwimmkurses für das nächste überhaupt Halbjahr mitmachen werde, obwohl ich mich schon dafür eingetragen hatte. Ich werde es wohl tatsächlich davon abhängig machen, ob Mimi mit ihren Eltern dabei sein wird oder nicht. Und so etwas zu schreiben, tut mir schrecklich Leid. Und es tut auch weh, so etwas zu sagen, ja nur zu denken. Denn Mimi kann absolut nichts dafür und ich fühle jedes Mal mit ihr. Ich habe die Kleine total lieb gewonnen, obwohl ich sie überhaupt nicht kenne. Aber ihre missliche Situation bereitet mir jedes Mal Sorgen. Immer, wenn sie anfängt zu weinen und lauthals „NEIN!“ zu rufen und sich alle nur darüber amüsieren, dass das erste Wort immer „Nein.“ heißt, berührt es mich zutiefst und ich möchte die kleine Maus einfach nur in die Arme nehmen und ganz fest drücken und sie aus diesem scheiß Wasser tragen.
„Wird Mimi dadurch traumatisiert?“, frage ich mich immer wieder. Was passiert in einem Menschen, wenn er Dingen immer wieder aufs Neue hilflos ausgesetzt wird, die er nicht mag, vor denen er vielleicht sogar Angst hat? Wie wirkt sich das auf die Beziehung zu den Menschen aus, die ihn eigentlich aus solchen Situationen befreien sollten, es aber nicht tun – aus welchem gottverdammten Grund auch immer?
Und während ich mir diese Fragen stelle, merke ich, dass ich mich schon viel zu sehr hineingesteigert habe. Vielleicht wirkt sich mein Gefühl gleich auf die Umgebung, sprich Mimi und Oli, aus, wenn wieder Samstag ist und wir uns im UKB einfinden. Vielleicht muss ich aber auch auf mein Gefühl hören und etwas dagegen tun, zumindest ein Gespräch mit den Kursleiterinnen oder den Eltern oder beiden zusammen führen, damit der Schwimmkurs nicht jedes Mal so ausartet. Mische ich mich jetzt ein? Ist es Sache der Eltern?
Ihr seht, ich bin völlig durch den Wind und muss meine Gedanken sortieren.
1 Woche habe ich Zeit, um zu entscheiden, wie es jetzt weitergehen soll. Ich werde dann berichten…