„Frauensprache: Sprache der Veränderung“ von Senta Trömel-Plötz ist ein Wachrüttler. Er zeigt, wie Frauen in der Sprache unterdrückt werden. Gar, wie sexistisch unsere Sprache ist. Und welches dramatische Ausmaß diese unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern annehmen könnte.
Doch Sprache ist stets im Wandel. Und so kann unsere Sprache fortan eine Realität darstellen, in der wir alle – Frauen und Männer – auch leben wollen.
Wie das funktionieren könnte, zeigt Trömel-Plötz.
Frauensprache: Sprache der Veränderung
Das Fachbuch „Frauensprache: Sprache der Veränderung“* habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ein interessantes Thema (ich hielt es für einen Wink mit dem Zaunpfahl).
Doch ich gebe zu, es dauerte einige Zeit, bis ich das Buch mit stummer Hingabe zu Ende lesen konnte. Nicht zuletzt, weil ich vom (Entschuldigung für den Ausdruck) langweiligen Vorwort immer wieder auf’s Neue abgehalten wurde.
Da ich das Thema aber wirklich packend fand, übersprang ich das Vorwort und es konnte losgehen. Und ich muss sagen, ich bin froh, dieses Buch gelesen zu haben.
Um was geht es?
„Frauensprache: Sprache der Veränderung“ ist eine Sammlung von Interviews, Vorträgen, Referaten, Vorlesungen und Sendungen. Sie alle zeigen: Wir – Frauen und Männer – sprechen dieselbe Sprache. Doch Frauen werden darin anders behandelt als Männer. Frauen werden auf unterschiedlichste Art und Weise unterdrückt und diskriminiert. Sie werden erniedrigt und gedemütigt.
Dadurch, wie Frauen sprachlich behandelt werden – und sich dementsprechend verhalten – entsteht ein ganz bestimmtes Bild, wie eine Frau zu sein hat. Verhält sie sich anders, wird sie nicht als Frau anerkannt. Dann hören wir Worte wie „Emanze“, „Mannsweib“ und dergleichen.
Senta Trömel-Plötz zeigt anhand zahlreicher Beispiele auf, wie unterschiedlich Frauen und Männer miteinander sprechen. Und was für ein Bild dadurch entsteht. Sie zeigt sogar Parallelen auf, die ebenso im Rassismus und Antisemitismus existieren.
Die Frage, die beim Lesen die ganze Zeit mitschwingt, ist: Gibt es eine Lösung? Ja, die gibt es, meint die Linguistin. Sie gibt Beispiele, wie Frauen und Männer sich stattdessen verhalten können. Was geändert werden kann, auch wenn es uns noch so kleinlich oder aufwendig erscheint. Denn Sprache ist ein sehr starkes Instrument. Sprache stellt eine bestimmte Wirklichkeit her. Wenn wir uns mit dieser hergestellten Wirklichkeit nicht identifizieren können, weil sie nicht unsere ist, müssen wir unsere Sprache ändern.
Schwere Kost
Das ist ein Fachbuch – klar. Hier wird mit Begriffen jongliert, die ich erst mal nachschlagen musste. Es gibt Stellen, in denen die Sätze ins kleinste Detail in ihren grammatikalischen Eigenschaften auseinander genommen und analysiert werden. Das ist keine leichte Kost beim Lesen. Aber das ging zu meinem Glück nicht über die gesamte Buchlänge verteilt.
Sicher ist „Frauensprache: Sprache der Veränderung“ etwas älter, keine Frage. Aber noch heute sehe ich, wie Recht Senta Trömel-Plötz schon damals hatte. Sobald sie mich auf diesen Umstand hinwies, fiel es mir ständig und überall auf. Wohin ich auch ging, was auch immer gesagt wurde: Männer haben in der Sprache mehr Macht als Frauen. Und das zeigen sie auch. Es fällt ihnen nicht einmal auf. Es ist völlig normal geworden und hat sich auf beiden Seiten eingeschlichen. Männer sprechen dominant und Frauen akzeptieren es. Ihnen wird über den Mund gefahren oder gar keine Redeerlaubnis erteilt. Ich erkenne es selbst in Gesprächen mit meinem Mann wieder. Es ist erschreckend. Aber daran können wir arbeiten.
Heute und morgen
Wie gesagt, hat sich seit Entstehung des Buches bereits einiges getan. In Stellenausschreibungen wird nicht mehr der Ingenieur gesucht, sondern auch die Ingenieurin. Wenn ein allgemeiner Brief ohne direkte(n) Ansprechpartner(in) hereinflattert, werden nicht nur die Herren angesprochen, sondern auch die Damen (wobei sich über das Wort „Damen“ auch noch diskutieren ließe). Es gibt die Frauenquote und vieles mehr.
Aber es ist immer noch ein langer Weg hin zur Gleichberechtigung. Ich war Rechtsanwalts-und Notarfachangestellte und in der Ausbildung bekamen unsere männlichen Kollegen (ob in der Ausbildung oder später im Beruf) im Vergleich zu uns Frauen mehr Gehalt. Das mal nur als ein (relativ) aktuelles Beispiel. Auch, wie die Arbeitgeber(innen) mit meinen Kolleginnen und mir geredet haben… Ich frage mich heute, warum ich mich immer innerlich darüber aufgeregt, aber nie etwas getan habe. Gut, ich habe schon etwas getan und zwar gekündigt, aber das ändert ja nicht die Sichtweise meiner ehemaligen Arbeitgeber(innen).
Fazit
Was ich sagen will: Das Buch ist alt, aber nicht veraltet. Einiges, was Senta Trömel-Plötz bemängelt, hat sich bereits verändert. Das ist gut. Aber es ist noch nicht getan.
Bis Frauen und Männer in der Sprache „gleich“ sind, wird wieder viel Zeit vergehen. Zumal es auch solche Leute gibt, die dieses Thema als überflüssig ansehen. Nun. Wenn ich als Professor nicht mit „Sehr geehrte Professorin XYZ“ angesprochen werde (das mal nur als kleines Beispiel), dann würde mich das womöglich nicht jucken. Frauen aber müssen es hinnehmen, wenn es heißt „Sehr geehrte Kollegen“. Warum?
Es geht einfach darum, für das Thema sensibilisiert zu werden. Genauer hinzuhören und zu lesen. Und entsprechend zu reagieren. Warum schafft es unsere Bank, meinen Mann und sogar unseren 2-jährigen Sohn korrekt anzusprechen („Sehr geehrter Herr …“), nicht aber bei mir („Sehr geehrter Herr Braun“)? Will ich, dass ich ständig unterbrochen werde? Dass jemand anfängt zu reden, obwohl er mich noch sprechen hört? Warum erzähle ich von einem Erlebnis, das mich emotional aufgewühlt hat, und mein Mann sagt nichts dazu? Ich meine wirklich NICHTS! Auch das ist eine Form von sprachlicher Gewalt.
Was wir – sowohl Frauen als auch Männer – unternehmen können, um diesen Umstand zu ändern, verrät euch dieses Buch aber auch. Also seid nicht verzagt: Es gibt ein Happy End. Vielleicht. Wenn wir alle mitmachen. Darum lest „Frauensprache: Sprache der Veränderung“*.