Vielleicht kennst du es ja auch. Alle paar Minuten hat dein Kind eine Bitte an dich. “Mama, kannst du mal..”, “Mama, ich komme da oben nicht ran”, “Ich schaffe es einfach nicht, kannst du mir mal helfen kommen?”. Und du hilfst deinem Kind natürlich gerne. Es gibt auch Momente, da können oder wollen wir gerade dieser Bitte nicht nachkommen.
Was kannst du in diesem Moment also tun?
Ja, nein, vielleicht – liebevolle und klare Kommunikation
Wie kannst du deinem Kind deine Grenzen liebevoll und authentisch aufzeigen?
Eine Situation, die auch du wahrscheinlich kennst:
Es ist abends, du hast einen langen Tag hinter dir, Stress auf Arbeit gehabt, dann noch einkaufen gewesen, dein Kind aus dem Kindergarten oder der Schule abgeholt und Abendessen gemacht. Du setzt dich gerade auf die Couch, weil sich dein Kind gerade alleine beschäftigt. Du legst deine Beine hoch und atmest tief durch.
Keine zwei Minuten später kommt dein Kind zu dir und trägt eine Bitte an dich heran, sodass du wieder aufstehen müsstest. An dieser Stelle könntest du natürlich dieser Bitte nachkommen, der Harmonie zuliebe.
Lieber ein klares “Nein” als ein ungewolltes “Ja”
Oder du bist ehrlich zu dir selber und kommunizierst ein klares “Nein, jetzt möchte ich gerade nicht!” und fügst noch hinzu “Ich möchte mich gern ein paar Minuten ausruhen, danach bin ich dir gerne behilflich!”.
Ein “Ja” klingt wohlwollend, ein “Nein” hingegen hart.
Du könntest auch sagen: “Ja, ich helfe dir gerne, ich brauche eine kurze Pause, dann bin ich für dich da!” Mit dieser (Ich-)Botschaft äußerst du DEINE Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle und lehnst die Bedürfnisse deines Kindes nicht ab. Damit fühlt sich dein Kind von dir nicht angegriffen oder abgewiesen. Im Gegenteil es lernt dich ein Stück besser kennen. Es lernt, dass andere Menschen andere Bedürfnisse haben, als es selbst. Es fühlt sich erhört und mit seinen Bedürfnissen gesehen, es muss halt nur noch einen Moment warten.
Ein klares “Nein”, also mit ganzer Überzeugung, wird dein Kind höchstwahrscheinlich davon abhalten noch weitere 2 – 3 Male nachzuhaken. Spürt es aber (d)eine Unsicherheit, könnte es passieren, dass es weiterfragen wird. Es hätte gerne eine authentische Antwort von dir. Es möchte dich kennenlernen und verstehen wer genau du bist, was genau du möchtest und was nicht. Aus diesem Grund solltest du dir mit deiner Entscheidung ganz sicher sein.
Selbstfürsorge
Ein Nein zu jemand anderen, ist immer auch ein Ja zu dir selbst! Das hat auch etwas mit Selbstfürsorge zu tun.
Zu spüren, hier komme ich gerade an mein Limit, wenn ich darüber hinaus gehe, geht es mir damit nicht gut.
In der heutigen hektischen Zeit rennen wir von A nach B, erledigen zwischendurch noch zig Sachen, ohne uns dazwischen immer wieder mal zu defragmentieren – wie es meine Yogalehrerin immer nannte. Vielleicht machst du auch mehrere Dinge gleichzeitig, was dir auf Dauer nicht gut tut. Wir ermüden dann schneller, machen mehr Fehler und sind dadurch unzufriedener.
Immer wieder mal bewusst zu Atmen, hilft mir in stressigen Zeiten, meinen Körper wieder wahrzunehmen – im Hier und Jetzt anzukommen. Hilft auch gut beim Einschlafen, wenn sich die Gedanken im Kreis drehen und du nicht zur Ruhe kommst. Bewusstes langes Einatmen und Ausatmen stoppt dein Gedankenkarussell und du kommst langsam zur Ruhe. Wichtig hierbei ist es, dass die Atemzüge gleich lang sind, sonst könnte dir schwindlig werden! Probier es doch auch einmal.
Unsicherheit und Zeitaufschiebung
Ein „vielleicht“ lässt uns die Möglichkeit, kurz darüber nachzudenken und nicht voreilig zu entscheiden, wenn wir uns unsicher sind. Nimm dir ruhig einen Moment Zeit, spür in dich hinein, ob du deinem Kind die Bitte erfüllen kannst und das aus ganzem Herzen.
Wenn du dich für ein “gleich” entschieden hast, dann solltest du dein Kind aber nicht allzu lange warten lassen. Vielleicht kennst du es ja auch, dass du dich gerne noch von anderen Dingen ablenken lässt und dein Kind somit länger auf dich warten muss. Aber du möchtest ja auch, dass dein Kind bald kommt, wenn du nach ihm gerufen hast.
Unsere Vorbildfunktion steht auch da wieder ganz weit vorn. Längere Zeitaufschiebungen kannst du von einem Kleinkind unter 2 Jahren nicht verlangen, es muss erst nach und nach lernen, seine Impulse bewusst zu steuern. Geduldiges Warten muss erst noch gelernt werden.
Die eigenen Grenzen liebevoll vermitteln
Deine Grenzen sind von Tag zu Tag unterschiedlich. Und das darf auch so sein. Du bist nicht jeden Tag gleich gut drauf. Dieses Schwanken der Grenzen nennt Thomas Gordon “das Toleranzniveau” in seinem Buch “Familienkonferenz in der Praxis”*. Deine Laune ist früh am Morgen vielleicht noch gut und du fühlst dich fit und lässt auch zu, dass dein Kind auch dem Sofa rumspringt. Das kann am Abend schon wieder ganz anders aussehen. Die meisten familiären Konflikte sind am frühen Abend, wenn alle schon müde sind. Und auch da brauchst du dich nicht vor Konflikten zu scheuen oder ein schlechtes Gewissen zu haben, weil du deinem Kind einen Wunsch ausschlägst.
Diese Konflikte sind gut und gehören dazu. Dein Kind kann dich dadurch besser kennenlernen und andersherum genauso. Kinder brauchen Zeit, sie werden unsere Grenzen immer wieder kennen lernen wollen. Dein Kind möchte dich damit nicht provozieren, sondern es möchte wissen, wer du bist. Es ist alles experimentieren, spielen und lernen und das benötigt Zeit.
In familiären Beziehungen geht es darum sich gegenseitig zuzuhören, sich auszutauschen und zu verstehen, was der Andere denkt. Dafür sind Konflikte da. Wir lernen uns dadurch besser kennen. Und auch wenn dein Kind sich über deine Entscheidung empört, kannst du ihm Verständnis entgegenbringen.
Verständnis heißt nicht unbedingt, dass man einer Meinung ist, aber, dass wir versuchen, uns in den anderen hineinzuversetzen, empathisch zu sein und seine Trauer, Wut oder seinen Ärger darüber nachvollziehen können und ihm das auch so zeigen.
Ein “Nein” kann auch in einem liebevollen und fürsorglichen Ton ausgesprochen werden und muss nicht voller Ärger und Wut herausplatzen, denn dann bekommt dein Kind womöglich Angst vor dir, nicht zu verwechseln mit Respekt! Mehr zum Thema Wut erfährst du in Julias Beitrag „Wenn die Wut kommt„.
Die Grenzen deines Kindes akzeptieren und wahren
Wenn du es als Elternteil schaffst, deine Grenzen liebevoll mitzuteilen, hat auch dein Kind die Möglichkeit zu lernen, seine Grenzen zu kommunizieren und zu wahren. Und auch hier ist es wichtig, die Grenzen deinen Kindes auch anzunehmen und zu respektieren.
Ein “Nein” aus dem Mund deines Kindes sollte genauso viel Wert haben, wie deines. Kinder haben auch ein Recht darauf, mit ihrer Meinung Gehör zu finden. Übergehst du die Grenzen deines Kindes, dann wird es höchstwahrscheinlich auch deine Grenzen übergehen.
Mir persönlich ist Kommunikation auf Augenhöhe wichtig. Du kannst deine Grenzen authentisch und respektvoll aufzeigen, ohne dein Kind dabei zu verletzen, beschämen oder zu kränken. Psychische Gewalt wirkt sich ähnlich schlimm aus wie physische Gewalt, deshalb ist die Wahl unserer Worte so immens wichtig!
Hast du Probleme, deine Grenzen im Alltag zu zeigen und zu wahren? Lass mir gerne einen Kommentar da.
3 Gedanken zu „Klare Kommunikation, Grenzen und Selbstfürsorge“